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Lehrer müssen ihre Schüler wahrnehmen

Es gibt neurobiologische Konstruktionsmerkmale von Kindern und Jugendlichen. Dazu gehören, dass die im Kopf des Kindes angesiedelten Motivationssysteme nur dann anspringen, wenn die Kinder oder Jugendlichen spüren, dass sie persönlich wahrgenommen und „gesehen“ werden. Joachim Bauer erläutert: „Ohne Beziehung keine Motivation. Im Kern der pädagogischen Beziehung stehen Spiegelungs- und Resonanzvorgänge. Kinder und Jugendliche spüren, ob sie von ihrer Lehrperson wahrgenommen werden.“ Erfahrene Lehrkräfte haben eine persönlich gefärbte, unangestrengte Praxis des „Sehens“ ihrer Klasse entwickelt. Voraussetzung ist, dass die Lehrkraft ihre Klasse im Blick hat, die von ihren Schülern ausgehenden Signale wahrnimmt. Zudem muss sie spüren, was in der Klasse los ist und welcher Art die Intervention sein sollte, die von Lehrerseite in einer gegebenen Situation gefragt ist. Joachim Bauer ist Arzt, Neurowissenschaftler, Psychotherapeut und Bestsellerautor von Sachbüchern.

Der Lehrerberuf gehört zu den anspruchsvollsten Tätigkeiten

Von zentraler Bedeutung ist eine Balance von empathischem Verstehen und überzeugender Führung. Dies bedeutet, dass die Lehrkraft nicht nur in sich Resonanz auf ihre Klasse zulässt, sondern umgekehrt ihrerseits so auftritt, dass sie in ihren Schülern Resonanz auslöst. Joachim Bauer weiß: „Entscheidend für Letzteres ist ein hohes Maß an körperlicher und geistiger Präsenz.“ Diese entsteht dadurch, dass die Lehrkraft mit sich, so wie sie ist, in hohem Maße identisch ist. Also zu sich und ihren Überzeugungen steht und eine freundlich sowie zugewandte, aber klare Haltung hat.

Außerdem muss der Lehrer selbst Freude am zu vermittelnden Stoff haben und einen didaktischen Plan, wie er diesen den jungen Menschen nahebringen will. Der Lehrerberuf gehört zu den anspruchsvollsten und anstrengendsten Berufen, die westliche Gesellschaften derzeit zu vergeben haben. Viele Kinder und Jugendliche in den westlichen Gesellschaften erleben die Schulen nicht als das, was sie sein sollten. Nämlich als hochwertige, von der Gesellschaft teuer bezahlte Angeboten.

Kompetenzen entscheiden über das Lebensglück

Diese sollen es jedem jungen Menschen ermöglichen, kostenlose Kompetenzen zu erwerben, die später einmal über das Lebensglück entscheiden. Bei vielen Erwachsenen und in Teilen der pädagogischen Szene ist leider die Vorstellung verbreitet, tief im Kind schlummere eine Persönlichkeit, die sich von ganz allein entfalte, wenn man ihr nur nichts Hemmendes entgegensetze. Richtig ist zwar: Was Kinder von sich aus mitbringen, ist natürliche Neugierde, Wissensdurst und Entdeckerfreude, Kreativität sowie eine natürliche Liebe zu Bewegung und Musik.

Doch worauf sollen sich Neugierde, Entdeckerfreude und die Kreativität des Kindes richten? Wenn man die Kinder nicht erzieht und ihren qualitativ hochwertige Angebote zur Verfügung stellt, werden sie mental verenden. Das passiert, wenn man sie den Medien und dem Internet überlässt, für die Kinder und Jugendliche nichts weiter als eine Profitquelle oder eine Ressource für verschieden Formen des Missbrauchs sind. Kinder zu motivieren, dass sie Kompetenzen erwerben, bedeutet nicht, zur repressiven Pädagogik zurückzukehren. Quelle: „Wie wir werden, wer wir sind“ von Joachim Bauer

Von Hans Klumbies

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